VIII Deternerlehe nach dem 2.Weltkrieg

Als der Krieg am 08.05.1945 mit der Kapitulation endete, war zwar das Massenmorden beendet. Was aber danach folgte, war nicht minder schrecklich.

Millionen deutscher Menschen wurden aus den östlichen Teilen des Reiches, in denen sie seit Jahrhunderten gelebt hatten, vertrieben. Die Städte waren durch die Bombardierungen fast alle völlig zerstört. So ergoß sich der ganze Menschenstrom auf die kleineren Dörfer. Auch in Deternerlehe mußte fast jede Familie eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen, Menschen, die nur das mitbrachten, was sie am Leibe tragen konnten.

Dabei waren die Männer noch in der Kriegsgefangenschaft und kehrten erst nach und nach zurück., die letzten erst 1952 aus russischer Gefangenschaft.

Wieder wurde das Geld entwertet. Es wurde nicht mehr ge- und verkauft, sondern nur noch getauscht, Ware gegen Ware. Lebensmittel gab es nur in geringen Mengen auf Lebensmittelmarken. Besonders die Flüchtlinge und die Städte litten Hunger. Sie überschwemmten, bis aus dem Ruhrgebiet kommend, die Dörfer, um gegen Haushaltsartikel, Wäsche, Schmuck usw. Lebensmittel bei den Bauern einzutauschen. Wenn sie glücklich etwas eintauscht hatten, liefen sie auch noch Gefahr, daß ihnen bei Kontrollen durch die Besatzungsmächte oder die deutsche Polizei wieder alles abgenommen und beschlagnahmt wurde.

Erst 1948 als mit der Währungsreform die Deutsche Mark eingeführt wurde, änderten sich nach und nach die Verhältnisse. Bei der Währungsreform erhielt jeder Bürger 40,-- DM gegen 40,--DM eingetauscht. Das übrige im Umlauf befindliche Geld wurde für ungültig erklärt. Nur die Bankkonten wurden im Verhältnis 1 zu 10 umgestellt. Die Konten blieben aber lange Zeit gesperrt.

Ende der fünfziger Jahre erlebte dann Deternerlehe einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, als durch wasserwirtschaftliche Maßnahmen die Branne, das Leegmoor und das Ostmoor, alles Gebiete, die sonst überwiegend den ganzen Winter bis in das späte Frühjahr hinein unter Wasser standen, trockengelegt wurden.

Bis dahin waren diese Gebiete im Winter eine Eldorado für Schlittschuhläufer und Jäger, die der Entenjagd nachgingen. Tausende von Enten, Gänse und Schwäne bevölkerten im Herbst und im Frühjahr diese Überschwemmungsgebiete und boten den Jägern eine willkommene Beute. Wenn das Wasser abgelaufen war, konnte man in den vielen Gräben und in der Branne in den Tümpeln, den sogenannten "Poolen", Fische, vor allen Hechte fangen.

Durch die Trockenlegung erhielten die Landwirte die Möglichkeit, diese Ländereien intensiver und besser zu nutzen. Das Seggengras verschwand und wurde durch gehaltvollere Grassorten ersetzt. So konnten die Bauern ihre Viehbestände vergrößern und damit auch ihr Einkommen merklich verbessern.

Was damals als Fortschritt galt und es für die Landwirte auch tatsächlich war, wird heute vielfach kritisiert. Heute versucht man wieder neue Feuchtgebiete anzulegen. Vermutlich wäre heute die Trockenlegung auf erheblichen Widerstand der Naturschutzbehörden gestoßen.

Während vor dem Kriege und auch noch nach dem Kriege bis in die sechziger Jahre in Deternerlehe fast alle von der Landwirtschaft lebten, setzte nun ein Strukturwandel ein. Viele gaben ihre kleinen Landwirtschaften auf oder betrieben sie nur noch im Nebenerwerb weiter, nachdem sie anderweitig in der Wirtschaft Arbeit gefunden hatten, die ihnen einträglicher erschien.

Dieser Strukturwandel wurde durch die nun einsetzende Motorisierung erheblich gefördert, weil die Leute nun auch weiter entfernte Arbeitsplätze annehmen konnten, ohne gleich Haus und Hof verlassen oder von der Familie getrennt leben zu müssen.

Als reine landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe, also Höfe, deren Eigentümer mit ihren Familien ausschließlich von den Einkünften aus der Landwirtschaft leben, habe ich noch 6 Betriebe ermittelt.

Die einsetzende Motorisierung, die diesen Wandel ermöglichte, brachte dem Ort aber ein neues Problem: Die Sandwege waren für den motorisierten Verkehr mit Autos und Treckern nicht geeignet.

Überall begann man deshalb, die Sandwege zu pflastern oder sonst zu befestigen. Nur in Deternerlehe geschah nichts, wei die Gemeinde nicht bereit war, in dieser Richtung etwas zu unternehmen.

Auf einer öffentlichen Einwohnerversammlung, zu der auch der Verwaltungsausschuß der Gemeinde eingeladen war, wurde das Problem eingehend erörtert. Dabei erklärte schließlich ein Mitglied dieses Verwaltungsausschusses, er und die übrigen Gewerbetreibenden in Detern seien nicht bereit, Gewerbesteuer zu zahlen, um damit in Deternerlehe den Ausbau der Straßen zu finanzieren.

Diese Äußerung führte zu einer tumultartigen Empörung. Als der Ratsherr seine Äußerung nicht korrigieren wollte, wurde noch auf dieser Versammlung beschlossen, ab sofort die Geschäfte in Detern zu boykottieren und nur noch in Augustfehn und Hollen einzukaufen. An der Straße nach Detern wurde mit einem großen Transparent auf diesen Boykott hingewiesen.

Bei den bald darauf stattfindenden Gemeinderatswahlen waren sich die Deternerleher einig.

Es wurde beschlossen, nur Kanditaten aus Deternerlehe zu wählen und geschlossen an der Wahl teilzunehmen.

Das Ergebnis war, das in den elfköpfigen Rat vier Ratsherren aus Deternerlehe einzogen, die dann mit dem von ihnen unterstützten neugewählten Bürgermeister und einem weiteren Ratsherren aus Detern die Mehrheit im Rat hatten.

Mit dieser Mehrheit und der Unterstützung unseres in den Kreistag gewählten Lehrers Jentsch wurden dann die Wege in Deternerlehe mit Betonpflastersteinen ausgepflastert.